Das AKTIV-Framework: KI souverän in Schule und Unterricht integrieren 🧭

Künstliche Intelligenz hat längst Einzug in den schulischen Alltag gehalten und viele Lehrkräfte begegnen dem Thema mit Offenheit und Neugier. KI-Tools werden ausprobiert, erste Unterrichtserfahrungen gesammelt und Potenziale erkannt.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die rasante Innovationsgeschwindigkeit und Omnipräsenz von KI weiter stellenweise zu Ăśberforderung fĂĽhrt. Neue Möglichkeiten entstehen schneller, als sie didaktisch eingeordnet werden können, gewohnte Lehr- und Lerngewohnheiten stehen massiv unter Druck. Hinzu kommen gelegentliche Widerstände oder mangelndes Interesse im Kollegium, was die Integration von KI erschwert. Oft wird das Thema als weitere zeitintensive „Zusatzaufgabe“ wahrgenommen, die es neben allen anderen Aufgaben zu bewältigen gibt. 

Zweifelsohne gewinnt das Feld zunehmend im Rahmen der Schul- und Unterrichtsentwicklung an Bedeutung, KI-Themen sind jedoch noch zu selten systematisch in Schulprogramme, Leitbilder oder ganzheitliche Entwicklungsvorhaben eingebettet. Zudem entfalten Fortbildungen nur begrenzte Wirkung, sofern sie punktuell bleiben und sich auf die reine Anwendungsebene beschränken.

Der Bedarf an Orientierung bleibt folglich hoch. Aus meiner Sicht braucht es dafür praxistaugliche und ganzheitliche Konzepte, die Lehrkräfte und Schulen dabei unterstützen, sich weiter zielgerichtet auf den Weg zu machen.

Genau hier setzt mein AKTIV-Framework an – mit einem praxisnahen Ansatz in fünf klaren Schritten zur KI-Integration.

Dieses ist durch persönliche Erfahrungen, systematisches Erproben und ständiges Weiterentwickeln entstanden. Es hat mir nicht nur selbst bei der KI-Integration im Schulalltag geholfen, sondern hat sich auch als Orientierung für zahlreiche Lehrkräfte und als hilfreiche Struktur in meinen Fortbildungen bewährt.

Nachfolgend stelle ich euch das AKTIV-Framework im Detail vor. Zudem erhaltet ihr für jeden Schritt einen konkreten Einstiegspunkt, um euch dem Thema AKTIV zu nähern.

1. AKTIV-Framework im Fokus 🎯

Zielsetzung des AKTIV-Frameworks

Das AKTIV-Framework unterstützt Lehrkräfte mit einer klaren Handlungsanleitung, um Künstliche Intelligenz nicht nur gezielt einzusetzen, sondern ganzheitlich und kompetenzorientiert in Schule und Unterricht zu integrieren.

Die Integration von KI in Schule und Unterricht ist dabei ein vielschichtiger Prozess. Der Fokus hat sich mittlerweile von der reinen Tool-Nutzung hin zu didaktischen Fragen verschoben. Lernprozesse, Aufgabenkultur und PrĂĽfungsformate mĂĽssen in diesem Zuge neu gedacht werden.

Gleichzeitig liefert das Framework konkrete Impulse fĂĽr die Schulentwicklung, um die Integration von KI an Schulen systematisch und verantwortungsvoll zu gestalten.

Übergeordnetes Ziel des Frameworks stellt der schrittweise und iterative Aufbau von KI-Kompetenz dar – als Basis für deren gezielte Förderung im Unterricht. Dabei beziehe ich mich auf unser KI-Kompetenzmodell von Alles, Falck, Flick und Schulz (2025), das die Bereiche Verstehen, Anwenden, Reflektieren und Mitgestalten in den Fokus nimmt.

Das AKTIV-Framework verdichtet diese zentralen Bereiche der KI-Kompetenz zu einem klaren Handlungsrahmen und stellt einen praxisorientierten Prozess fĂĽr die schulische Umsetzung bereit.

Darstellung als mehrschrittiges Prozess-Modell

Das AKTIV-Framework teilt den Prozess in fĂĽnf Schritte auf:

  • A – Anwenden & Ausprobieren: 

    KI-Tools ausprobieren, Grundlagen verstehen, Potenziale erkennen und Möglichkeiten nutzen

  • K – Kommunizieren & Klarheit schaffen: 

    Austauschen, gemeinsam handeln, Dialog führen, orientieren, Motivation fördern, Vereinbarungen treffen

  • T – Transformieren von Lernprozessen:

    Lernen mit, über und durch Kl initiieren, Aufgaben KI-resilient und KI-integrativ gestalten, Kl-Kompetenz fördern

  • I – Integrativ PrĂĽfen & Bewerten:

    Bestehende PrĂĽfungsformate weiterentwickeln, alternative PrĂĽfungsformate etablieren, Bewertungsschwerpunkte erweitern und anpassen

  • V – Verändern & Mitgestalten: 

    KI-Projekte initiieren, kollegiale UnterstĂĽtzung anbieten, an schulweiten Leitlinien, Curricula und Konzepten mitwirken

Das AKTIV-Framework - 5 Schritte zur KI-Integration

Die fünf Schritte folgen einer chronologischen Logik – vom ersten Ausprobieren bis zur schulweiten Mitgestaltung. Sie greifen prozesshaft ineinander und bauen aufeinander auf:

  • So ist das Erkunden neuer Möglichkeiten und Erproben von KI-Tools (→ A - Ausprobieren & Anwenden) Voraussetzung, um KI-Tools sinnvoll und didaktisch begrĂĽndet in Lernprozesse zu integrieren und souverän im Unterricht einzusetzen (→ T - Transformieren von Lernprozessen).

  • Eine erste Verständigung im Lehrkräfte-Team und die Schaffung eines Rahmens zur KI-Nutzung im Unterricht (→ K - Kommunizieren & Klarheit schaffen) sind Grundvoraussetzung, um Lernen mit, ĂĽber und durch KI im Unterricht erfolgreich gestalten zu können (→ T - Transformation von Lernprozessen).

  • Ebenso mĂĽssen KI-integrierende Aufgabenformate im Unterricht erprobt worden sein (→ T - Transformation von Lernprozessen), bevor sie Teil von PrĂĽfungen werden (→ I - Integrativ PrĂĽfen und Bewerten).

  • Erfahrungen im Umgang mit und Einsatz von KI sind zudem der SchlĂĽssel, um sich wirkungsvoll an schulweiten KI-Projekten und Konzepten zu beteiligen (→ V - Verändern und Mitgestalten).

Bei jedem der Schritte handelt es sich um einen iterativen Prozess, der sich innerhalb des jeweiligen Prozessschrittes vollzieht: Auf das Tun folgt Reflexion, aus der Reflexion entwickelt sich neues Verständnis – was wiederum den Impuls für erneutes Erkunden, Weiterentwickeln und für erste Mitgestaltung gibt.

Erprobung, Reflexion und Weiterentwicklung greifen also kontinuierlich ineinander und fĂĽhren zu einem fortlaufenden Aufbau KI-bezogener Kompetenzen (Verstehen, Anwenden, Reflektieren, Mitgestalten).

Die Reihenfolge der Prozessschritte stellt insbesondere während der anfänglichen Auseinandersetzung eine wichtige Orientierung dar. Im weiteren Verlauf gehen die Schritte zunehmend ineinander über, verlaufen parallel und wirken wechselseitig aufeinander ein.

So kann etwa der Austausch im Kollegium (→ K - Kommunizieren & Klarheit schaffen) bereits anlaufen, während parallel weitere Erfahrungen in der Bedienung von KI-Tools gesammelt werden (→ A – Ausprobieren & Anwenden). Auch spätere Schritte wie die Entwicklung und Etablierung einer neuen Aufgaben- und Prüfungskultur verlaufen nicht linear, sondern beeinflussen sich wechselseitig in iterativen Schleifen.

3. KI in 5 Schritten integrieren 🤖

Die fünf Schritte des AKTIV-Frameworks werden im Folgenden systematisch erläutert. Ergänzend dazu erhaltet ihr umsetzungsorientierte Hinweise sowie einen konkreten Einstiegspunkt, um jeden einzelnen Schritt direkt angehen.

A - Anwenden & Ausprobieren 🛠️

KI-Tools ausprobieren, Grundlagen verstehen, Potenziale erkennen und Möglichkeiten nutzen

KI-Tools ausprobieren

Um sich dem Thema KI zu nähern, ist der erste pragmatische Schritt, konkrete Anwendungserfahrungen zu sammeln. Diese explorative Herangehensweise ermöglicht eine Annäherung an die Thematik und fördert über die anschließende Reflexion einen ersten Erkenntnisgewinn.

Ich empfehle, mindestens 10 Stunden selbst mit KI-Tools gearbeitet zu haben, um ein grundlegendes Gefühl für die Bedienung, Funktionsweise, Stärken und Grenzen sowie mögliche Einsatzszenarien zu entwickeln.

Für den Einstieg eignen sich insbesondere KI-gestützte Chatbots wie ChatGPT (OpenAI), Gemini (Google), Claude (Anthropic) oder die europäische Alternative Le Chat (Mistral AI). Anbieter wie SchulKI oder fobizz bündeln eine Vielzahl von KI-Sprachmodellen über zentrale Oberflächen und bieten neben spezialisierten KI-Chatbots für den Bildungsbereich die Möglichkeit, KI datenschutzkonform im Unterricht einzusetzen.

Zu Beginn empfehle ich die Beschränkung auf einige wenige KI-Tools und sich dann ausgehend von spezifischen Anwendungsfällen für den Schul- und Unterrichtskontext weiter vorzutasten. Im weiteren Verlauf können dann spezialisierte KI-Tools erprobt werden, zum Beispiel Gamma für die (unterrichtsbezogene) Präsentationserstellung oder FelloFish für Feedback im Unterricht.

Grundlagen verstehen

Die Erprobung wird dabei von unterstützenden Informations-, Fortbildungs- und Begleitangeboten flankiert, die den Weg für eine verantwortungsvolle und reflektierte Anwendung ebnen und zu einem umfassenden Verständnis beitragen.

Neben anwendungs- und technologiebezogenem Verständnis geht es hierbei ebenso um die Betrachtung ethischer und gesellschaftlicher Aspekte, didaktischer und unterrichtsbezogener Implikationen sowie die Berücksichtigung rechtlicher Rahmenbedingungen, Datensicherheit und Datenschutz im Rahmen des KI-Einsatzes. Ebenso sollte ein Verständnis entwickelt werden, wie sich KI auf das eigene Unterrichtsfach bzw. die entsprechende Fachdisziplin auswirkt.

HierfĂĽr sind neben offiziellen Handreichungen und Fortbildungen auch Online-Angebote (z. B. mein ChatGPT-Guide), themenspezifische Blogs (auch z. B. von Joscha Falck, Hauke Pölert), KI-bezogene Newsletter und Netzwerke (u. a. Instagram #instalehrerzimmer, Linkedin) zu nennen – die nicht zuletzt aufgrund der hohen Dynamik des Themas als wichtige Ressourcen fungieren.

Potenziale erkennen und Möglichkeiten nutzen

Der Prozess verläuft idealerweise vom Allgemeinen hin zu konkreten, unterrichtsbezogenen Anwendungsmöglichkeiten. Über das Ausprobieren und Anwenden entsteht Verständnis. Es entfalten sich die Potenziale von KI – und es wird deutlich, wie die Möglichkeiten im schulischen Alltag und Unterricht wirksam genutzt werden können. Dabei erweitern Lehrkräfte kontinuierlich ihre eigene KI-Kompetenz im Kontext schulischer Praxis.

🚦 Einstiegspunkt: Der ChatGPT-Guide für Lehrkräfte

Ein guter Einstiegspunkt für diesen Schritt stellt mein kostenfreier ChatGPT-Guide für Lehrkräfte dar.

Im Guide erhaltet ihr eine kompakte Einführung zum KI-Chatbot ChatGPT. Neben den ersten Schritten finden sich darin mehr als 200 Prompts für den Schul- und Unterrichtskontext sowie konkrete Vorschläge für erste Unterrichtseinheiten. Darüber hinaus enthält der Guide weitere Tipps, Beispiele und KI-Tools, die im schulischen Kontext sinnvoll eingesetzt werden können.

 

K - Kommunizieren & Klarheit schaffen đź’¬

Austauschen, gemeinsam handeln, Dialog führen, orientieren, Motivation fördern, Vereinbarungen treffen

Austauschen & gemeinsam handeln

Viele Lehrkräfte stehen vor ähnlichen Fragen, Unwägbarkeiten und Entscheidungen im Umgang mit KI im Schulalltag. Deshalb ist es essenziell, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich als Lehrkräfte-Team, Fachbereich oder sogar als gesamtes Kollegium gemeinsam an das Thema heranzutasten.

Hier geht es neben dem Austausch zu Nutzungserfahrungen um die gemeinsame Reflexion über den Umgang mit KI im Unterricht. Ziel muss es sein, einen ersten Rahmen für den Umgang mit KI im Schulalltag und im Unterricht zu schaffen, der sowohl für Lehrkräfte als auch für Schüler:innen Klarheit schafft und Sicherheit gibt.

Dialog fĂĽhren & orientieren

Ebenso ist es wichtig, die neuen Realitäten im Unterricht anzuerkennen. Schüler:innen nutzen KI-Tools bereits intensiv und häufig auch konstruktiv – unabhängig davon, ob Lehrkräfte KI-Tools nutzen oder KI im Unterricht eine Rolle spielt.

Gerade weil der Einsatz durch Schüler:innen längst stattfindet, braucht es eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema – jenseits pauschaler Verbote. Diese erscheinen ohnehin wenig sinnvoll, da sie sich in der Praxis kaum durchsetzen lassen. Entgegen der weitverbreiteten Annahme lassen sich auch mit KI-Detektoren entsprechend KI-generierte Inhalte alles andere als zuverlässig erkennen – was immer wieder zu unbegründeten Verdächtigungen und Vorwürfen führt.

Es braucht also andere Wege – und hier lautet meine klare Handlungsempfehlung: Offener Umgang und Dialog.

Das Thema sollte zunächst im Unterricht aktiv angesprochen werden. Hierbei entsteht die große Chance, gemeinsam voneinander zu lernen und nebenbei ein realistisches Bild vom Nutzungsverhalten der Schüler:innen zu bekommen. Diese nutzen nämlich in der Regel nicht die datenschutzformen, didaktisch ausgerichteten oder gar wissenschaftlich begleiteten KI-Tools für den Bildungsbereich, sondern pragmatischer weise jene Tools, die gerade am leistungsfähigsten sind, den größten Funktionsumfang bieten und bestenfalls noch kostenlos sind. Im weiteren Verlauf ergibt sich hieraus dann natürlich auch die Chance, zielgerichtet aufzuklären und eine reflektierte Nutzung zu fördern.

Motivation fördern

Ebenso ist es wichtig, mit den Schüler:innen darüber zu diskutieren, warum es sich weiterhin lohnt, zu lernen. Es geht darum, Schüler:innen zu motivieren und Gründe aufzuzeigen, warum bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten weiterhin essenziell sind – selbst wenn KI an gewissen Stellen überlegen ist. Hierbei kann der Handzettel “Warum soll ich lernen, was die Maschine (besser) kann?“ von Prof. Beat Döbeli Honegger (2023) unterstützend eingesetzt werden.

Vereinbarungen treffen

FĂĽr entsprechende Transparenz und Klarheit braucht es abschlieĂźend Regeln und Vereinbarungen fĂĽr den KI-Nutzung im Unterricht.

Die Notwendigkeit unterstreicht auch die aktuelle Studie der Vodafone-Stiftung (2025), in der 43 % der deutschen Schüler:innen von der Sorge berichten, unbegründet des Schummelns beschuldigt zu werden. Es muss aus meiner Sicht zwingend vermieden werden, dass eine Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens entsteht und Lehrkräfte zunehmend in die Rolle geraten, (vermeintliches) Betrügen und Schummeln aufzudecken.

Auch die vereinbarten Regeln sind aufgrund der hohen Dynamik des Themas nicht als statisch zu betrachten, sondern sollten im Zuge von Reflexion und Iteration immer wieder ĂĽberprĂĽft an neue Gegebenheiten angepasst werden.

🚦Einstiegspunkt: KI-Leitfaden für den Unterricht

Der KI-Leitfaden fĂĽr den Unterricht, den Joscha Falck und ich gemeinsam entwickelt haben, bildet einen guten Startpunkt, um einen ersten Rahmen fĂĽr den Umgang mit KI in der Schule und im Unterricht festzulegen.

Der KI-Leitfaden umfasst eine Version für Lehrende und eine Version für Lernende. Die Leitfäden können in der abgebildeten Version direkt verwendet und eingesetzt werden oder mithilfe der bereitgestellten Vorlagen an die individuellen Bedürfnisse eurer Schule bzw. eures Unterrichts angepasst werden.

 

T - Transformieren von Lernprozessen 🔄

Lernen mit, über und durch Kl initiieren, Aufgaben KI-integrativ und KI-resilienter gestalten, Kl-Kompetenz fördern

Lernen mit, ĂĽber und durch Kl initiieren

Sobald ein klarer Rahmen geschaffen und erste Erfahrungen mit KI gesammelt wurden, kann der KI-Einsatz im Unterricht betrachtet und KI schrittweise in Lernprozesse integriert werden.

Eine Orientierung bieten hierbei die „5 Dimensionen für Lernen und KI“ von Joscha Falck (2023), die das Lernen mit, über, durch, trotz und ohne KI beschreiben. Es gilt zunächst zu reflektieren, wie KI entlang dieser Dimensionen sinnvoll und didaktisch begründet im jeweiligen Unterrichtsfach thematisch aufgegriffen bzw. eingesetzt werden kann. Es bietet sich zunächst eine allgemeine Betrachtung an und kann anschließend differenzierter auf der Ebene der Unterrichtsreihen- und Stundenplanung erfolgen.

Im weiteren Verlauf geht es darum, erste KI-integrierende Unterrichtssequenzen zu planen, praktisch zu erproben und daraus Erfahrungen im Umgang mit KI im Unterricht zu gewinnen. Auch dieser Prozess erfolgt iterativ – er lebt vom Ausprobieren, Reflektieren und Weiterentwickeln.

Ziel ist es, davon ausgehend eine systematische Herangehensweise zu entwickeln, bei der die gezielte Anbahnung von KI-Kompetenzen der Lernenden in den Blick genommen wird.

Aufgaben KI-integrativ und KI-resilienter gestalten, Kl-Kompetenz fördern

Die Integration von KI in den Unterricht geht dabei mit einer Veränderung der Aufgabenkultur einher.

Es benötigt KI-integrierende Aufgabenformate, die KI gezielt in Lernprozesse einbinden. Diese benötigen ein entsprechend neues Aufgabendesign, das sich an immer wichtiger werdenden Zukunfts- und KI-Kompetenzen (Verstehen, Anwenden, Reflektieren, Mitgestalten) orientiert.

Die neuen Aufgabenformate lassen sich in Aufgaben mit punktuellem KI-Einsatz (KI wird unterstützend in klar definierten Phasen zur Bearbeitung von Aufgaben verwendet) und Aufgaben mit vollumfänglichem KI-Einsatz (KI darf umfassend für die Bearbeitung von Aufgaben, schriftlichen Arbeiten und Projekten verwendet werden) unterteilen.

Auch das Lernen ohne KI muss besonders mit Blick auf zu vermittelnde Basiskompetenzen weiter im Unterricht Berücksichtigung finden – und durch entsprechende Anpassungen der Aufgabenformate gestärkt werden.

Dazu braucht es KI-resilientere Aufgabenformate, die über die Abfrage von reproduzierbarem Wissen hinausgehen und nicht in Sekunden von KI gelöst werden können. Entsprechend werden kreative Ansätze benötigt, bei denen verschiedene Elemente wie Medientransfer, persönliche und regionale Bezüge oder etwa ergänzende Reflexion geschickt miteinander kombiniert werden. Bei diesen Aufgabenformaten ohne KI-Einsatz sollten Schüler:innen zudem wissen, warum diese bewusst ohne KI bearbeitet werden sollen.

🚦Einstiegspunkt: Leitfaden Aufgabenkultur mit KI

Der Leitfaden „Aufgabenkultur und KI”, den Joscha Falck und ich gemeinsam entwickelt haben, bildet einen guten Startpunkt, um eine KI-resilientere sowie KI-integrierende Aufgabenkultur im Unterricht zu etablieren. Im Leitfaden wird zwischen Aufgabenformaten ohne KI-Einsatz, mit punktuellem und vollumfänglichem KI-Einsatz unterschieden.

Der KI-Leitfaden umfasst eine Version für Lehrende und eine Version für Lernende. Die Leitfäden können in der abgebildeten Version direkt verwendet und eingesetzt werden oder mithilfe der bereitgestellten Vorlagen an die individuellen Bedürfnisse eurer Schule bzw. eures Unterrichts angepasst werden.

 

I - Integrativ Prüfen & Bewerten 📊

Bestehende PrĂĽfungsformate weiterentwickeln, alternative PrĂĽfungsformate etablieren, Bewertungsschwerpunkte erweitern und anpassen

Bestehende PrĂĽfungsformate weiterentwickeln & alternative PrĂĽfungsformate etablieren

Die Neuausrichtung der Aufgabenkultur muss sich konsequenterweise auch in der Neugestaltung von PrĂĽfungen und Leistungsnachweisen widerspiegeln.

Auch die KMK unterstreicht in ihrer Handlungsempfehlung (2024), dass Prüfungsformate, die keine rechtssichere Überprüfung eigenständiger Leistungen ermöglichen, entweder abgeschafft oder umfassend überarbeitet werden müssen. Besonders betont wird die stärkere Einbeziehung von Prozessbewertung und Mehrdimensionalität, also schriftlichen, mündlichen, praktischen und digitalen Elementen. Ebenso sollen Zukunfts- und KI-Kompetenzen in Prüfungen Berücksichtigung finden.

Die entsprechende Erstellung und Weiterentwicklung von Prüfungsformaten ist ein vielschichtiger und komplexer Prozess, der sorgfältige Überlegungen auf verschiedenen Ebenen verlangt.

FĂĽr die praktische Umsetzung bietet sich hierzu eine Unterteilung in drei KI-bezogene PrĂĽfungsformate an:

  1. Prüfungsformate ohne (aktiven) KI-Einsatz – etwa klassische Präsenzprüfungen, bei denen die Überprüfung von Basiskompetenzen im Mittelpunkt steht.

  2. PrĂĽfungsformate mit punktuellem KI-Einsatz – etwa PrĂĽfungen in Präsenz, die den phasenweisen KI-Einsatz ermöglichen (z. B. KI-Feedback im Schreibprozess).

  3. Prüfungsformate mit vollumfänglichem KI-Einsatz – etwa Hausarbeiten, Portfolios oder mehrdimensionale, kreative Projekte, die den KI-Einsatz unter Einhaltung von Regeln ganzheitlich ermöglichen.

Grundsätzlich muss innerhalb dieser drei Prüfungsformate nochmals differenziert werden, ob die Aufgaben vollständig unter Aufsicht oder auch außerhalb des Unterrichts bearbeitet werden. Besonders bei Prüfungsleistungen, die außerhalb des Unterrichts erbracht werden, müssen Aufgabenstellungen zusätzlich KI-resilienter gestaltet werden.

Bewertungsschwerpunkte erweitern und anpassen

Mit dem zunehmenden Einsatz von KI gewinnen ebenso erweiterte Formen der Bewertung an Bedeutung. Je intensiver KI in Prüfungen eingebunden ist, desto wichtiger wird die Reflexion über ihren Einsatz, die neben den inhaltlichen Aspekten als eigener Prüfungsbestandteil berücksichtigt werden muss. Die Bewertung sollte zudem verstärkt den Arbeits- und Lernprozess sowie die Mehrdimensionalität (schriftlich, mündlich, praktisch, digital) einbeziehen. Zur Bewertung braucht es KI-bezogene Erwartungshorizonte mit eindeutigen Operatoren.

🚦Einstiegspunkt: KI-Leitfaden Prüfen & Bewerten

Der KI-Leitfaden “Prüfen & Bewerten”, den Joscha Falck und ich gemeinsam entwickelt haben, bildet einen guten Startpunkt, um eine KI-integrierende Prüfungskultur im Unterricht zu etablieren.

Der KI-Leitfaden umfasst eine Version für Lehrende und eine Version für Lernende. Die Leitfäden können in der abgebildeten Version direkt verwendet und eingesetzt werden oder mithilfe der bereitgestellten Vorlagen an die individuellen Bedürfnisse eurer Schule bzw. eures Unterrichts angepasst werden.

V - Verändern & Mitgestalten 🌱

KI-Projekte initiieren, kollegiale UnterstĂĽtzung anbieten, an schulweiten Leitlinien, Curricula und Konzepten mitwirken

Der letzte Schritt im AKTIV-Framework geht über die eigene Unterrichtspraxis hinaus und lenkt den Blick auf die gesamtschulische Entwicklung. Es geht nun darum, Erfahrungen zu teilen, Kolleg:innen zu unterstützen und strukturelle Veränderungen aktiv mitzugestalten.

KI-Projekte initiieren & Kollegiale UnterstĂĽtzung anbieten

Zunächst steht der Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer im Mittelpunkt: Lehrkräfte, die erste Schritte mit KI im Unterricht gemacht haben, können ihre Erkenntnisse teilen – sei es informell im Team oder im Rahmen schulischer KI-Projekte. Wo solche Initiativen noch fehlen, kann der Impuls zur Projektinitiierung gegeben werden: Arbeitsgruppen, Austauschformate, schulinterne Workshops oder kollegiale Fortbildungsangebote sind denkbar.

An schulweiten Leitlinien, Curricula und Konzepten mitwirken

Mit wachsender Erfahrung im Umgang mit KI bietet sich zudem die Gelegenheit, in Arbeitsgruppen zur Erstellung von schulweiten KI-Leitlinien, neuen Medienkonzepten oder KI-Curricula mitzuwirken. Auf diese Weise werden erfolgreiche Ansätze systematisch verankert.

In meinem schulischen Umfeld hat sich ein ähnlicher Verlauf ergeben: Erste eigene Erprobungen wurden im Lehrkräfte-Team weiterentwickelt und führten dann zu einem ersten konzeptionellen Rahmen für den eigenen Fachbereich. Die Ansätze und Leitlinien haben sich dann auf weitere Fachbereiche übertragen, woraus sich im weiteren Verlauf eine fachbereichsübergreifende KI-Gruppe gebildet hat, die seither konzeptionell an der schulweiten KI-Integration mitwirkt.

🚦Einstiegspunkt: KI-Kompetenzen für Lehrende & Lernende

Das KI-Kompetenzmodell (Alles, Falck, Flick, Schulz 2025) schafft entlang des gesamten Prozesses der KI-Integration Orientierung – mit dem zentralen Ziel, KI-Kompetenzen bei Lehrenden und Lernenden nachhaltig aufzubauen und zu fördern.

Das KI-Kompetenzmodell und das zugehörige Kompetenzraster kann jedoch auch gezielt zur Umsetzung einzelner KI-Projekte herangezogen werden. Es eignet sich zum Beispiel als Grundlage für die Entwicklung eines KI-Curriculums, für die Weiterentwicklung vorhandener Medien-Curricula oder die Überarbeitung von Arbeitsplänen und Stundentafeln. Auf diese Weise lässt sich die KI-Integration strategisch angehen und die Förderung von KI-Kompetenzen bei Lehrenden und Lernenden systematisch vorantreiben.

Das Kompetenzmodell ist anpassbar, unter CC-BY-Lizenz veröffentlicht und kann auf spezifische Praxisbedarfe zugeschnitten werden. Alle weiteren Infos, Vorlagen und Verlinkungen sind nachfolgend zu finden.

 

AKTIV(ER)-Framework – Ansätze für die Schulentwicklung 🏫

Dieser Prozess der KI-Integration lässt sich selbstverständlich auch im Kontext von Schul- und Unterrichtsentwicklung begleiten und gestalten. Die nachfolgenden Überlegungen verstehen sich als einen ersten konzeptionellen Ansatz, um die KI-Integration strategisch und ganzheitlich zu denken.

Auf dieser Grundlage wurde das AKTIV-Framework gezielt erweitert und konzeptionell zum AKTIV(ER)-Framework ausgebaut. Dieses erweitert die bisherigen fünf Schritte des AKTIV-Modells um zwei zusätzliche Phasen und schafft dadurch einen erweiterten Handlungsrahmen für die Schul- und Unterrichtsentwicklung.

AKTIV(ER)-Framework | Ansätze für Schul- und Unterrichtsentwicklung

I. Analyse der Ausgangslage

Ausgehend von einer Analyse der Ausgangslage und einer fundierten Erhebung des IST-Zustands an Schulen werden zunächst die vorhandenen Ressourcen und Barrieren identifiziert. Auf dieser Grundlage lassen sich konkrete Entwicklungsbedarfe sowie realistische und zielgerichtete Entwicklungsziele festlegen (I.)

II. Entwicklungsprozesse anstoĂźen und begleiten

Anschließend werden Entwicklungsprozesse entlang der Schritte des AKTIV-Frameworks durch gezielte Maßnahmen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung initiiert, begleitet und gefördert (II.)

Die fĂĽnf Schritte A-K-T-I-V werden hier also aus der Perspektive der Schulentwicklung betrachtet:

  • A – Ausprobieren & Anwenden: Die Schule fördert niedrigschwellige Einstiegsformate sowie Mikro-Fortbildungen. Ein weiterer wichtiger Schritt besteht in der Bereitstellung datenschutzkonformer KI-Zugänge. Ferner können Pilotklassen eingerichtet werden. Ziel ist es, erste praktische Erfahrungen zu ermöglichen und bestehende Hemmschwellen im Umgang mit KI abzubauen.

  • K – Kommunizieren & Klarheit schaffen: Die Schule etabliert eine offene Kommunikationskultur zum Thema KI. Dies beinhaltet regelmäßige Austauschformate im Kollegium (z. B. KI-Sprechstunden, Fachschaftsbesprechungen zu KI), und die gemeinsame Erarbeitung erster klarer Regeln und Vereinbarungen zum KI-Einsatz im Unterricht und Schulalltag. Ziel ist die Schaffung von Transparenz und Partizipation – auch unter Einbindung der Lernenden- und Elternvertretungen.

  • T – Transformieren von Lernprozessen: Die unterrichtsbezogene Weiterentwicklung wird angebahnt. Dies umfasst die UnterstĂĽtzung von Fachschaften zur Integration von KI. Auch angepasste (Medien-)Curricula unterstĂĽtzen den Integrationsprozess in Fachbereichen und Fachschaften. Im Mittelpunkt steht der Aufbau und die Stärkung von Strukturen, die eine Förderung von KI-Kompetenzen im Unterricht ermöglichen.

  • I – Integrativ PrĂĽfen & Bewerten: Die Schule entwickelt eine zukunftsfähige PrĂĽfungskultur. Dazu gehört das Ausloten von Spielräumen und die Weiterentwicklung bestehender PrĂĽfungsformate, die den Einsatz von KI berĂĽcksichtigen oder aktiv einbinden. Im Fokus steht auch die Anpassung von Bewertungskriterien und -schwerpunkten, um Lernprozesse und Kompetenzerwerb im Kontext von KI abzubilden.

  • V – Verändern & Mitgestalten: Das Kollegium gestaltet die schulische Zukunft mit KI aktiv mit. Die Schulentwicklung unterstĂĽtzt diesen Prozess gezielt, indem sie KI-/Projektgruppen stärkt, weitere Multiplikator:innen aufbaut, Ergebnisse sichtbar macht, Erfolge wĂĽrdigt und erarbeitete Standards im Schulprogramm und Leitbild verankert.

III. Evaluation & Redesign

Neu hinzu kommen im AKTIV(ER)-Framework die beiden Bausteine Evaluation und Redesign (III.), die als Ausgangspunkt fĂĽr neue Entwicklungsprozesse dienen.

Ansatzpunkte fĂĽr die Schulentwicklung:

  • E – Evaluieren & Erkenntnisgewinn: Ein systematisches Monitoring mit anschlieĂźender Evaluation ist entscheidend, um MaĂźnahmen wirksam weiterzuentwickeln. Durch Umfragen, Feedbackrunden und die Analyse von Ergebnissen werden Erfolge sichtbar gemacht und konkrete Herausforderungen identifiziert – als Grundlage fĂĽr gezielte Anpassungen.

  • R – RĂĽckschlĂĽsse ziehen & Redesign: Basierend auf den Evaluationsergebnissen werden RĂĽckschlĂĽsse gezogen und neue Ziele definiert. Der Zyklus beginnt erneut: MaĂźnahmen werden nachjustiert, Leitbild und Leitlinien werden bei Bedarf angepasst und Fortbildungsbedarfe werden neu erhoben. Dieser iterative Ansatz stellt sicher, dass die Schule flexibel auf die schnelle Entwicklung im Bereich KI reagieren kann und die Integration stetig optimiert wird.

Das AKTIV(ER)-Framework bietet somit einen umfassenden Ansatz, KI nicht nur als kurzfristiges Projekt, sondern als Bestandteil einer nachhaltigen Schulentwicklung zu verstehen.

6. Fazit 🙌

Das AKTIV-Framework bietet euch einen ganzheitlichen und praxisorientierten Weg, um KI in den Schul- und Unterrichtskontext zu integrieren.

Der Prozess reicht von der ersten Erfahrung (Anwenden & Ausprobieren) über den wichtigen Austausch (Kommunizieren & Klarheit schaffen) und die Neugestaltung des Lernens (Transformieren von Lernprozessen) bis hin zur Anpassung der Leistungsbewertung (Integrativ Prüfen & Bewerten) und der aktiven Mitgestaltung im schulischen Umfeld (Verändern & Mitgestalten).

Erprobung, Reflexion, neues Verständnis und Weiterentwicklung greifen im Prozess kontinuierlich ineinander. Dies ermöglicht Lehrkräften, KI-Kompetenz systematisch aufzubauen und im Unterricht zu fördern. Darüber hinaus eröffnet das Framework erste konkrete Ansätze für die Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Natürlich liegt auch hier nicht ein langer Weg vor uns. Es braucht Ausdauer, Mut und Offenheit, um diesen Wandel aktiv mitzugestalten. Ich hoffe, dass das AKTIV-Framework dabei einige Impulse liefert, Orientierung gibt und ganz konkret Unterstützung für Schulen und Lehrkräfte bietet.

Ich freue mich auf eure RĂĽckmeldungen, euer Feedback und eure Kommentare.

 

Quellenverzeichnis und Links

Alles, S., Falck, J., Flick, M., & Schulz, R. (2025, 13. März). KI‑Kompetenzen fĂĽr Lehrende und Lernende: Aus der Praxis fĂĽr die Praxis – eine adaptierbare Basis [PDF]. Virtuelles Kompetenzzentrum – Schreiben lehren und lernen mit KĂĽnstlicher Intelligenz (VK:KIWA). https://doi.org/10.5281/zenodo.15047793

Kultusministerkonferenz (KMK). (2024). Handlungsempfehlung fĂĽr die Bildungsverwaltung zum Umgang mit KĂĽnstlicher Intelligenz in schulischen Bildungsprozessen [PDF]. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2024/2024_10_10-Handlungsempfehlung-KI.pdf

Falck, J. (2023, 8. Juli).  Lernen und Künstliche Intelligenz.  joschafalck.de. https://joschafalck.de/lernen-und-ki/

Honegger, B. D. (2023, 12. März). Warum soll ich lernen, was die Maschine (besser) kann? [Handzettel]. Beats Weblog. https://blog.doebe.li/Blog/WarumSollIchLernenWasDieMaschineBesserKann

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