16.10.25 | 🏫 KI erfolgreich im Unterricht einführen
✚ KI-Kompetenz-Analyzer, Tool-Updates und mehr!
Hallo zusammen 👋
Neues Schuljahr, neue Berufsschulklassen. Neben Kennenlernen, organisatorischen Fragen und ersten Vereinbarungen gehört für mich mittlerweile ein weiterer fester Bestandteil zur Einschulung:
Das Thema KI in Schule und Unterricht.
In allen Klassen, in denen ich Klassenleitung habe, schaffe ich gleich zu Beginn einen klaren Rahmen für den Umgang mit KI im Unterricht. Das hat sich bewährt und genau deshalb möchte ich heute meine Vorgehensweise mit euch teilen.
Vielleicht finden sich darin Anregungen, die ihr für eure nächste Einschulung nutzen oder genauso im Laufe des Schuljahres einfließen lassen möchtet.
🔵 Warum überhaupt eine KI-Einführung?
Die Realität ist klar: Schüler:innen nutzen KI längst - unabhängig davon, ob wir KI im Unterricht thematisieren oder nicht. Deshalb braucht es eine offene Haltung jenseits pauschaler Verbote, die sich ohnehin nicht durchsetzen lassen.
🔵 Mein Ansatz: Dialog, Transparenz und Eigenverantwortung
Konkreter heißt das: Ich hole meine Schüler:innen zu Beginn dort ab, wo sie stehen, schaffe Klarheit, motiviere zur verantwortungsvollen KI-Nutzung und ermögliche erste Anwendungserfahrungen im Unterricht.
🔵 Meine fünf Schritte zur KI-Einführung
So gehe ich bei der KI-Einführung vor:
Schritt 1: Bestandsaufnahme mit einer Umfrage
Zu Beginn führe ich eine anonyme Umfrage durch, um ein realistisches Bild vom Nutzungsverhalten, den Erfahrungen, Erwartungen und Sorgen der Schüler:innen im Umgang mit KI zu erhalten.
Die Fragen umfassen:
Wie schätzen die Schüler:innen ihre eigenen Kenntnisse ein?
Wie wird KI eingesetzt (privat, schulisch, beruflich)?
Welche KI-Tools werden genutzt?
Welche Bedenken haben die Schüler:innen?
Wie wird KI bereits für Schule und Lernen eingesetzt?
Die Ergebnisse lassen sich direkt im Anschluss im Plenum auswerten und besprechen; daraus ergeben sich wertvolle Gesprächsanlässe und ein erstes Stimmungsbild zur Haltung gegenüber KI.
Um euch den Einstieg an dieser Stelle zu erleichtern, könnt ihr gerne meine Umfrage-Vorlage (Microsoft Forms) verwenden. Die Vorlage könnt ihr beliebig anpassen und erweitern.
Schritt 2: Diskussion - Warum noch lernen?
Im nächsten Schritt rücke ich - gemäß Beat Döbeli Honegger - eine zentrale Frage in den Mittelpunkt:
"Warum eigentlich noch lernen, wenn KI sowieso alles (besser) kann?"
Die Schüler:innen diskutieren in Kleingruppen und halten ihre Gedanken auf Moderationskarten fest.
Die Antworten sind oft bemerkenswert differenziert:
"KI macht auch Fehler"
"Man darf das Denken nicht verlernen"
"Abhängigkeit vermeiden"
"Langfristiges Wissen behalten"
"Nicht alles lässt sich ersetzen"
"KI“ ist nicht menschlich"
Diese Diskussion schafft ein gemeinsames Bewusstsein dafür, dass Lernen trotz KI relevant bleibt – und legt die Grundlage für einen reflektierten Umgang mit KI.
Schritt 3: Regeln einführen
Im dritten Schritt führe ich Regeln und Leitplanken für den Umgang mit KI im Unterricht ein. Ich betone, dass es mir nicht um Kontrolle oder Verbote geht, sondern dass es einen verbindlichen Rahmen benötigt, um Lernen mit und ohne KI nachhaltig gewährleisten zu können.
Hier greife ich auf den KI-Leitfaden für den Unterricht zurück, den Joscha Falck und ich gemeinsam entwickelt haben.
Schritt 4: KI verstehen - Wie funktioniert KI eigentlich?
Bevor wir praktisch arbeiten, möchte ich ein grundlegendes Verständnis dafür schaffen, wie KI funktioniert. Dazu zeige ich das Video "Was ist Künstliche Intelligenz?" von der Sendung mit der Maus (WDR). Im Video wird anschaulich und verständlich erklärt, wie KI-Sprachmodelle arbeiten. Das ist optimal für den Einstieg. Auch hier nochmal ein herzliches Dankeschön an Beat Döbeli Honegger für die klasse Empfehlung.
Unter Rückbezug auf die Funktionsweise lasse ich anschließend von den Schüler:innen erklären, wieso KI-Tools Fehler machen. Ebenso erörtern wir anhand von Beispielen, wie es zu Verzerrungen (Bias) in KI-Systemen kommen kann und was die Folgen sind.
Ich stelle nochmals heraus, wie wichtig die Reflexion des KI-Outputs ist und dass die Schüler:innen Verantwortung für die eigene KI-Nutzung übernehmen müssen.
Schritt 5: Neues KI-Tool kennenlernen
Im nächsten Schritt führe ich unseren schulinternen KI-Chatbot ein, mit dem wir perspektivisch im Unterricht arbeiten werden.
Ich zeige den Schüler:innen die Oberfläche, erkläre die wichtigsten Funktionen und gebe erste Hinweise zur zielführenden Nutzung und zum Datenschutz.
Dies lässt sich auch super mit einem kurzen konkreten Auftrag (Recherche, Ideengenerierung…) mit anschließender Reflexion verbinden, um erste Nutzungserfahrungen zu ermöglichen.
Diese KI-Einführung zu Beginn des Schuljahres ist natürlich als erster Aufschlag zu sehen, Verständnis und reflektierter Einsatz werden dann über die Schuljahre hinweg weiter vertieft. Besonders effektiv ist es, wenn die Vorgehensweise dabei im Lehrkräfte-Team abgestimmt, geplant und gemeinsam getragen wird.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich wirklich lohnt, sich die Zeit für eine KI-Einführung zu nehmen. So entstehen wichtige Grundpfeiler für eine zielführende und verantwortungsvolle KI-Nutzung im Unterricht, von der am Ende alle profitieren.
Macht ihr ähnliche Erfahrungen? Ich freue mich auf eure Rückmeldungen und eure Kommentare.
Eine gute Woche euch! 😊
Beste Grüße
Manu
Das sind die weiteren Newsletter-Themen im Überblick:
⚗️ Kompetenz-Analyzer - Die eigene KI-Kompetenz einstufen
💬 Menschliche Leistung im Kontext von KI - #kAIneEntwertung
🤖 KI-Tool-Updates - ChatGPT, Claude & NotebookLM
🎥 Visible Learning – John Hattie live bei der KonfBD (+Aufzeichnung)
🎓 Harvard-Studie: Wie KI die Karriereleiter verändert
🔎 Perplexity Pro - 1 Jahr gratis (Angebot über PayPal)
⌨️ Prompting-Tipp - KI-Antworten auf eigene Quellen beschränken
⚗️ Kompetenz-Analyzer - Die eigene KI-Kompetenz einstufen
Ausgehend von unserem mittlerweile etablierten KI-Kompetenzmodell (Alles, Falck, Flick & Schulz) haben Susanne Alles und ich einen KI-Kompetenz-Analyzer erstellt, mit dem ihr eure eigene KI-Kompetenz entlang der vier Kompetenzbereiche Verstehen, Anwenden, Reflektieren und Mitgestalten einstufen könnt.
Mit dem Tool erhaltet Ihr einen Überblick, wo Ihr aktuell steht. Zudem erhaltet ihr konkrete, praktische Empfehlungen, wie ihr eure eigene KI-Kompetenz ausbauen und euch weiter auf den Weg machen könnt.
Genauso könnt ihr das Tool aber auch im Unterricht gemeinsam mit euren Schüler:innen einsetzen. Die Empfehlungen zur Weiterentwicklung beziehen sich in diesem Fall verstärkt auf Lernen und KI im Unterricht.
Den Analyzer findet ihr auf unserer gemeinsamen TaskCards-Übersicht zum KI-Kompetenzmodell, dem Blog von Susanne Alles und auch auf meiner Webseite:
💬 Menschliche Leistung im Kontext von KI - #kAIneEntwertung
Dr. Anika Limburg und Joscha Falck haben eine wichtige Diskussion angestoßen: Wie definieren wir menschliche Leistung, wenn KI immer mehr Aufgaben übernimmt, die früher Ausbildung, Begabung und jahrelange Übung erforderten?
Im Rahmen der Diskussion richte ich den Blick speziell auf die Berufsbildung und orientiere mich an den drei bereitgestellten Leitfragen:
➡️ Sind Prüfungen, Noten und Zertifikate noch Ausdruck individueller Leistung?
➡️ Welchen Stellenwert kann Textproduktion als akademische Leistung noch beanspruchen?
➡️ Wie gehen wir damit um, dass Berufsfelder verschwinden, Kompetenzen sich verschieben und Ungleichheiten sich vertiefen?
Meinen Artikel dazu findet ihr auf meinem Blog. Dort habe ich euch auch den Auftaktbeitrag verlinkt, wo sämtliche Diskussions- und Meinungsbeiträge zum Thema zu finden sind. Viel Spaß beim reinlesen!
🧑💻 KI-Tool-Updates - ChatGPT, Claude, NotebookLM
🗂️ ChatGPT - Projekte jetzt für alle verfügbar
OpenAI hat eine wichtige Funktion nun auch für kostenfreie ChatGPT-Accounts verfügbar gemacht: Projekte!
Die Funktion befindet sich direkt in der Seitenleiste, oberhalb eurer Chats. Dort könnt ihr entsprechende Projekte anlegen und dann eure Chats thematisch organisieren. Jedes Projekt fungiert wie ein eigener Ordner und hat dabei ein eigenes Gedächtnis. Ihr könnt dort also individuelle Anweisungen oder Dateien hinterlegen, auf die ChatGPT dann nur innerhalb des Projekts zugreift – perfekt für verschiedene Unterrichtsfächer, Themenschwerpunkte oder schulische Projekte.
Praxis-Beispiel: Hinterlegt in einem Projekt euer Material zu einer Unterrichtsreihe. Danach könnt ihr innerhalb des Projekts verschiedene Chats öffnen und Aufgaben oder Lernsituationen erstellen, die sich inhaltlich immer wieder aus den bereitgestellten Dateien speisen.
Ich nutze die Funktion schon länger auf verschiedenste Weise und finde die Funktion wirklich hilfreich. Legt euch am besten auch gleich ein Projekt namens “Lesezeichen” an, damit ihr dort mal schnell wichtige Chats ablegen und im Blick behalten könnt.
👨💻 Claude Sonnet 4.5 - Neues Top-Modell von Anthropic
Anthropic hat für seinen KI-Chatbot Claude ein starkes Update veröffentlicht und ist mit dem neuen Modell Sonnet 4.5 gerade im Bereich Coding noch leistungsfähiger.
Coding klingt erst mal weit weg vom Unterricht, ich habe hier in meinem Blog-Artikel aber auch schon gezeigt, wie sich damit ganz einfach Lernspiele erstellen lassen. Auch der KI-Kompetenz-Analyzer ist größtenteils unter Verwendung von Claude entstanden.
Ich nutze Claude schon länger. Neben Coding ist das Tool vor allem für kreatives Schreiben bei mir gesetzt. Über den nachfolgenden Link könnt ihr den Chatbot und die neuen Funktionen nach Anmeldung kostenlos testen.
📚 NotebookLM - Jetzt mit Karteikarten- & Quiz-Funktion
Der Funktionsumfang von NotebookLM wächst stetig weiter. Gerade hatte ich euch noch die neue Erklärvideo-Funktion vorgestellt, schon kommt das nächste praktische Update: Flashcards und Quizzes lassen sich jetzt ebenso direkt aus euren hochgeladenen Dokumenten generieren.
Das komplette Paket umfasst nun: Podcasts, Videoübersichten, Mindmaps, Berichte, Karteikarten und Quizzes. Alle Funktionen stehen weiter kostenfrei zur Verfügung. Insgesamt ein richtig rundes Tool, das ich aufgrund der vielen (und ständig neuen) Möglichkeiten aktuell sehr regelmäßig im Einsatz habe.
🎥 Visible Learning – John Hattie live bei der KonfBD (+Aufzeichnung)
Ich war Ende September auf der Konferenz des Forums Bildung Digitalisierung (KonfBD) und hatte die Gelegenheit, John Hattie live zu erleben. Der Bildungsforscher hinter der Meta-Studie „Visible Learning" teilte dort in einer Keynote seine wichtigsten Erkenntnisse.
Drei zentrale Botschaften haben bei mir besonders nachgewirkt:
Die Erwartungshaltung von Lehrkräften macht einen erheblichen Unterschied. Wer konsequent hohe Erwartungen hat, hat diese üblicherweise an alle Schüler:innen, und erzielt deutlich bessere Lernerfolge. Umgekehrt führen niedrige Erwartungen zu geringen bis negativen Lerneffekten.
Hattie plädiert für maßgeschneidertes Lernen (Customized Learning). Dabei werden Curricula, Ressourcen und Bewertungen gezielt auf Gruppen, Kontexte oder einzelne Lernende zugeschnitten.
Zudem betonte Hattie, wie wichtig es ist, dass Schüler:innen das Steuer für ihr eigenes Lernen übernehmen. Unsere Rolle dabei? Begleiten, unterstützen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.
Die komplette Aufzeichnung der Konferenz findet ihr auf YouTube - schaut rein!
👉 Zur Aufzeichnung (Hattie ab 5:57:00)
🎓 Harvard-Studie: Wie KI die Karriereleiter verändert
Eine im September veröffentlichte Harvard-Studie zeigt: Unternehmen, die generative KI nutzen, stellen seit 2023 rund 7–8 % weniger Berufseinsteiger:innen ein. Analysiert wurden 62 Millionen Lebensläufe und 245 Millionen Stellenausschreibungen in den USA.
Was passiert konkret: Weniger Einstellungen auf Junior-Level, mehr interne Beförderungen. Im Handel und Dienstleistungssektor brechen Junior-Stellen sogar um bis zu 40 % ein. Senior-Positionen bleiben hingegen stabil.
Ja, die Studie bezieht sich auf den Arbeitsmarkt in den USA, solche Auswirkungen sind grundsätzlich aber auch für den deutschen Arbeitsmarkt anzunehmen.
Das ist wiederum für den Bildungsbereich relevant: Schüler:innen müssen von uns auf diese neuen Realitäten vorbereitet und auf lebenslanges Lernen eingestellt werden! In dem Zuge wird die Frage immer drängender, welche Kompetenzen Schüler:innen zukünftig wirklich benötigen, um in einem solchen Arbeitsumfeld zu bestehen.
Die komplette Studie ist hier zu finden.
🔎 Perplexity Pro - 1 Jahr gratis (Angebot über PayPal)
Egal welchen KI-Chat ihr nutzt, mittlerweile haben fast alle eine integrierte Web-Suche. Die unangefochten beste Lösung bleibt aber Perplexity. In meinen Tests schneidet das Tool weiterhin am besten ab: Es findet die relevantesten Ergebnisse, liefert die meisten Quellen und bringt alles präzise auf den Punkt.
Was ist Perplexity? Eine KI-Suchmaschine, bei der ihr die Art der Quellen (gesamtes Internet, wissenschaftliche Quellen, Social) auswählen und in der Pro-Version sogar zwischen verschiedenen Sprachmodellen (ChatGPT, Claude, Grok etc.) wechseln könnt.
Aktuelles Angebot: Wer sich über PayPal anmeldet, erhält Perplexity Pro ein Jahr lang kostenlos (wurde das PayPal-Konto nach dem 1.9. eröffnet, erfolgt die Freischaltung nach 30 Tagen). Das Abo kann innerhalb des Jahres jederzeit gekündigt werden.
Ich bin einfach nur begeisterter Nutzer und möchte euch das Angebot nicht vorenthalten - unbezahlte und unbeauftragte Empfehlung.
Wer Perplexity einfach mal so ohne PayPal-Anmeldung ausprobieren möchte, gelangt hier zum Tool:
⌨️ Prompting-Tipp - KI-Antworten auf eigene Quellen beschränken
Das Problem kennt ihr sicher: Ihr ladet eine PDF oder einen Text bei eurem KI-Chatbot hoch, stellt eine Frage und plötzlich kommen Infos, die gar nicht im Material stehen.
Die Lösung ist einfach: Sagt dem KI-Chatbot explizit, dass er sich nur auf das bereitgestellte Material beziehen soll und wenn etwas nicht drinsteht, es klar benannt werden soll.
Prompt-Zusatz:
Nutze ausschließlich den bereitgestellten Text, um meine Fragen zu beantworten. Wenn die Informationen nicht im Material stehen, antworte mit „Nicht im Material abgedeckt".
Damit weist ihr den Chatbot an, bei euren bereitgestellten Texten zu bleiben und ihr vermeidet, dass euer KI-Chatbot etwas hinzuerfindet.
Probiert es mal aus. ✨