KI-Didaktik: Von den 5 Dimensionen zur konkreten Aufgabenkultur

Die 5 Dimensionen „Lernen und KI von Joscha Falck (2023) haben sich im bildungsbezogenen KI-Diskurs als zentrale Orientierungshilfe etabliert. Das Modell unterscheidet Lernen über, mit, durch, trotz und ohne KI und bietet damit einen klaren Rahmen, um den Einsatz von KI im Unterricht systematisch zu reflektieren und den sich verändernden Bildungsauftrag zu umreißen.

Auch in meinen Fortbildungen und Workshops greife ich regelmäßig auf das Strukturmodell zurück, um Veränderungen von Unterricht und schulischen Lernprozessen im Kontext von KI zu veranschaulichen.

Bei der konkreten Unterrichtsplanung und insbesondere bei der Überführung von Lernen und KI in konkrete Aufgabenformate zeigte sich jedoch, dass die einzelnen Bereiche nicht immer trennscharf voneinander abgegrenzt werden konnten. In der Folge gestalteten sich didaktische Entscheidungen sowie die differenzierte Aufgabenplanung mitunter anspruchsvoll. Die Unterteilung bot hierfür eine hilfreiche Orientierung, erwies sich aber nicht in allen Fällen als ausreichend tiefgehend.

Im Dialog mit Joscha haben wir uns daher entschlossen, ausgehend von den 5 Dimensionen eine Planungsvorlage zu entwickeln, die sich direkt für die Unterrichtspraxis einsetzen lässt. Ziel war es, die ursprünglichen Dimensionen weiterzudenken und stärker auf die konkrete Gestaltung von Aufgaben zu beziehen.

Nachfolgend stelle ich euch unsere Planungsvorlage vor. Diese steht natürlich auch zum kostenfreien Download bereit!

Zwei zentrale Weiterentwicklungen 🔄

Von den 5 Dimensionen zur Planungsvorlage (Falck & Flick 2025)

Im Kern haben wir zwei zentrale Weiterentwicklungen vorgenommen:

Zum einen haben wir die Dimensionen „Lernen durch KI" und „Lernen mit KI" zu einem gemeinsamen Planungsbereich zusammengeführt. Die Unterscheidung ist im Unterrichtsalltag oft schwer zu treffen und für die Vorbereitung einer Unterrichtseinheit nicht immer relevant.

Zum anderen haben wir den Planungsdimensionen vier konkrete Aufgabenkategorien zugeordnet. Dadurch rücken die Aufgabenformate selbst, ausgehend von den jeweiligen Zielen einer Lerneinheit, stärker in den Mittelpunkt der didaktischen Überlegungen. Die Aufgabenkategorien leiten sich dabei direkt aus den fünf Dimensionen ab und werden in Übereinstimmung mit den zu fördernden fachlichen, überfachlichen und KI-Kompetenzen geplant.

Vier Aufgabenkategorien im Überblick 📋

NotebookLM-Infografik zum Blogbeitrag "KI-Aufgabenkultur praktisch umsetzen" (Falck & Flick 2025)

KI-thematisierende Aufgaben

Dieser Aufgabentyp leitet sich unmittelbar aus der Dimension “Lernen über KI” ab.

KI wird hier zum Gegenstand des Lernens, es geht nicht um den KI-Einsatz als Werkzeug. Die Lernenden setzen sich mit Funktionsweisen, Begriffen, Chancen und Risiken von KI auseinander und ordnen diese in fachliche, gesellschaftliche oder ethische Kontexte ein.

Fokus: Verstehen und Einordnen von KI.

KI-integrierende Aufgaben

Dieser Aufgabentyp leitet sich unmittelbar aus den Dimensionen “Lernen mit KI” und “Lernen über KI” ab.

KI wird als Lernressource eingesetzt, um fachliche Aufgaben zu bearbeiten und Lernprozesse zu unterstützen. Der KI-Einsatz ist dabei didaktisch begründet, klar geregelt und an konkrete Lernziele gebunden; unterschieden wird zwischen Aufgabenformaten mit punktuellem und vollumfänglichem KI-Einsatz. Weitere Ausführungen dazu sind in unserem gemeinsam entwickelten Leitfaden zur KI-Aufgabenkultur (Flick & Falck 2024) zu finden.

Fokus: Gezielter und aktiver KI-Einsatz im Rahmen von Lernprozessen

KI-reflektierende Aufgaben

Dieser Aufgabentyp leitet sich unmittelbar aus der Dimension “Lernen trotz KI” ab.

Der KI-Einsatz wird zum Gegenstand der Reflexion. KI-Ergebnisse werden geprüft, verglichen und hinterfragt – etwa im Hinblick auf Qualität, Fehler, Verzerrungen (Bias) sowie auf Auswirkungen auf den eigenen Lern- und Arbeitsprozess. Darüber hinaus reflektieren Lernende ihre Lernstrategien und Nutzungsmotive (z. B. Anstrengungsreduktion vs. Erweiterung von Möglichkeiten) und setzen sich kritisch mit den Folgen von KI auseinander, etwa auf Bildung, Gesellschaft und Arbeitswelt

Fokus: Nachdenken über die KI-Nutzung und Reflexion des KI-Outputs

KI-limitierende Aufgaben

Dieser Aufgabentyp leitet sich aus der Dimension “Lernen ohne KI” ab.

Der Einsatz von KI wird bewusst eingeschränkt, didaktisch erschwert oder ausgeschlossen, um bestimmte fachliche und überfachliche Kompetenzen sichtbar zu machen und gezielt weiterentwickeln zu können.

Dabei ist zu überlegen, wie Aufgaben KI-resilienter gestaltet werden können. Gemeint sind Formate, die eigenständiges Denken erfordern und nicht innerhalb von Sekunden durch KI lösbar sind. Die Begrenzung dient nicht der Verweigerung des KI-Einsatzes, sondern wird transparent begründet und konsequent am Lernziel ausgerichtet.

Fokus: Gezielte Entwicklung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen jenseits des KI-Einsatzes

Ein Entscheidungsraum für die Unterrichtsplanung 👩‍🏫

Die vier Aufgabenkategorien eröffnen einen didaktischen Denk- und Entscheidungsraum, der es erlaubt, den KI-Einsatz im Unterricht bewusst zu planen und zu begründen. Es geht dabei weder um eine feste Abfolge noch um eine Progression, die zwingend durchlaufen werden müsste. Vielmehr beschreiben die Kategorien unterschiedliche Bereiche, die sich je nach Lernziel, Fach, Lerngruppe und Kontext gezielt kombinieren lassen.

Damit verschiebt sich der Blick weg von der Frage „Dürfen meine Schüler:innen KI nutzen?" hin zur zentralen didaktischen Frage: Welche Aufgabenformate setze ich ein, um ein bestimmtes Lernziel zu erreichen?

Die entscheidenden Planungsfragen stellen 🎯

Die Vorlage unterstützt diese Perspektivverschiebung, indem sie hilft, die richtigen Planungsfragen zu stellen:

  • Welche fachlichen und überfachlichen Ziele werden in dieser Einheit verfolgt?

  • Wo wird KI explizit thematisiert?

  • Wo wird KI bewusst integriert?

  • Wo wird der KI-Einsatz reflektiert?

  • Wo wird KI aus didaktischen Gründen begrenzt?

Diese Fragen lassen sich auf einzelne Aufgaben, auf ganze Unterrichtseinheiten oder auch auf größere curriculare Zusammenhänge beziehen.

Die hier verwendete Bezeichnung „KI-Didaktik“ bezieht sich entsprechend nicht auf neue „Technikdidaktik“, sondern auf die Auseinandersetzung mit didaktischen Veränderungen von Aufgaben, Lernprozessen und Leistungszuschreibungen unter Bedingungen generativer KI.

Planungshilfe und Einladung zur Auseinandersetzung 💼

Die Planungsvorlage ist bewusst als Orientierungs- und Planungsrahmen angelegt. Sie dient einerseits dazu, Unterricht vorzubereiten, Aufgaben zu reflektieren und eine KI-Aufgabenkultur praktisch umzusetzen. Andererseits soll die Vorlage gemeinsame Verständigungsprozesse unterstützen – sowohl im eigenen Unterricht als auch in Fachschaften, Fortbildungen oder schulischen Entwicklungsprozessen. Gerade dort, wo unterschiedliche Haltungen, Erfahrungen und Unsicherheiten im Umgang mit KI aufeinandertreffen, kann die Planungsvorlage helfen, Gespräche zu strukturieren und Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu machen.

Gleichzeitig ist die Vorlage ausdrücklich nicht als Checkliste, Rezept oder Bewertungsinstrument für „guten KI-Unterricht“ zu verstehen. Sie bietet keine fertigen Lösungen, setzt keine verbindlichen Maßstäbe und ersetzt nicht die notwendige, vertiefte Auseinandersetzung mit Unterricht, welche weiter für wirksame Lehr-Lern-Prozesse entscheidend ist. Stattdessen versteht sich der Orientierungsrahmen als Einladung zur Auseinandersetzung mit einer Aufgabenkultur im KI-Zeitalter – in dem Bewusstsein, dass sich dieses Feld weiter in der Entwicklung befindet und aufgrund der hohen Innovationsdynamik kontinuierlich im Fluss ist.

Die Planungsvorlage zum Download 📥

Die Planungsvorlage gibt es hier zum kostenfreien Download:

Vorlage downloaden

Veröffentlichungshinweise 📖

Wie auch bei unseren KI-Leitfäden (Teil I – AllgemeinTeil II – AufgabenkulturTeil III – Prüfen & Bewerten) und unserem KI-Kompetenzmodell für Lehrende und Lernende ist die Planungsvorlage mit einer CC-Lizenz versehen, darf also verwendet, bearbeitet und weitergegeben werden. Wir bitten jedoch um Namensnennung und dass im Falle einer Veröffentlichung einer angepassten Version diese unter gleichen CC-Bedingungen weitergegeben wird.

Die Planungsvorlage samt zugehöriger Einordnung ist auch auf dem Blog von Joscha Falck erschienen. Joscha ist Lehrer und Schulentwicklungsmoderator in Mittelfranken. Ferner ist er Redaktionsmitglied bei IQESonline, Mitglied des Kern-Teams des VK:KIWA und als Fortbildner, Referent, Blogger und Autor tätig.

Zu guter Letzt 👍

Wir hoffen, dass euch die Planungsvorlage bei euren Überlegungen unterstützt und Orientierung bietet. Unabhängig davon, ob ihr die Vorlage hier oder bei Joscha herunterladet, freuen wir uns über euer Feedback und über eure Erfahrungen.

Meldet uns gern zurück, wie ihr die Planungsvorlage einsetzt und ob sie euch bei der Gestaltung von Aufgaben im KI-Zeitalter hilft – wir freuen uns auf eure Rückmeldungen, Zusendungen und Kommentare.

Quellenverzeichnis

Falck, J. & Flick, M. (2024). Leitfaden: KI-Aufgabenkultur. manuelflick.de. Abgerufen am 14. Dezember 2025, von https://www.manuelflick.de/blog/leitfaden-ki-aufgabenkultur

Falck, J. (2023). KI in der Schule. joschafalck.de. Abgerufen am 14. Dezember 2025, von https://joschafalck.de/ki-in-der-schule/

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